Wie üblich, viel Lärm um Nichts.
Morgenpest schrieb:Telekommunikationsgesetz
Richter erklären Datenabfrage für verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht schränkt die Rechte von Polizei und Geheimdiensten deutlich ein: Die bisherige Regelung zur Speicherung und Weitergabe von Passwörtern und PINs, aber auch zur Abfrage der Identität von Internetnutzern ist verfassungswidrig.
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Die Richter des Ersten Senats erklärten eine Regelung für verfassungswidrig, die Polizei und Nachrichtendiensten den Zugriff auf Passwörter und PIN-Codes ermöglicht – etwa um ein beschlagnahmtes Mobiltelefon auszulesen oder gespeicherte Dateien zu durchsuchen. Die Regelung widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie den Zugriff auf die Codes unabhängig davon erlaubt, ob eine Nutzung der Daten durch die Behörde erlaubt sei.
Auch die Ermittlung der Identität von Internetnutzern wird den Ermittlungsbehörden erschwert. Die Richter erklärten die Erteilung von Auskünften über den Inhaber einer sogenannten dynamischen IP-Adresse nach der bisherigen Regelung für unzulässig. Normalerweise surfen vor allem Privatnutzer mit einer solchen Adresse im Internet. Im Internet ist jedes vernetzte Gerät, egal ob PC, iPad oder Smartphone, über die IP-Adresse erreichbar. Ähnlich wie bei einer Postanschrift können Daten damit ihren Empfänger finden.
Allerdings kann damit auch die Identität des Empfängers festgestellt werden. Während bei Fimennetzwerken oder Behörden die Computer meist feste Adressen haben, werden beim privaten Zugang diese IP-Adressen üblicherweise bei jeder Einwahl vom Internetanbieter neu vergeben. Wollen Ermittler wissen, wer sich hinter einer solchen dynamischen Adresse versteckt, müssten sie bei dem Anbieter anfragen. Dies soll nun eingeschränkt werden.
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http://www.morgenpost.de/politik/article...idrig.html
So gut wie alle Mainstream-Medien beschränken sich heute auf ähnliche Schlagzeilen wie "Richter erklären Datenabfrage für verfassungswidrig" und wecken damit falsche Hoffnungen.
Die haben weder das Urteil gelesen noch besitzen sie das erforderliche technische Mindestverständnis um Relevanz und Bedeutung ihres eigenen Geschreibsels zu erfassen (s.o. den Unterschied von statischer und dynamisher IP bzgl der "Ermittlung der Identität von Internetnutzern").
Im Kern geht es darum dass §§111, 112 und 113 TKG gewissermassen eine Grauzone darstellen, indem nicht definiert ist welchen Behörden warum auf welche Daten in automatisierter Weise Zugriff gegeben wird.
Und das hat mittlerweile in erheblichem Masse zur zu erwartenden Selbstbedienung geführt:
Lt Auskunft der Bundesregierung hätten Ende 2009 rund 1000 (!) bei der Bundesnetzagentur registrierte Behörden bei 120 TK-Unternehmen Daten abrufen können, und im Jahr 2008 führten 4,2 Mio Ersuchen von Sicherheitsbehörden zu 26,6 Mio (!) Abfragen.
Eine "unzulässige Vorratsdatenspeicherung" sieht die Bundesregierung durch §111 TKG aber nicht etabliert, da hier für den Verwendungszweck der Daten ausdrücklich die öffentliche Sicherheit in Bezug genommen werde.
Überhaupt stellten die Eingriffe (auch auf PINs und PUKs) nur eine geringe Intensität dar, daher sei auch die Rechtmässigkeit der "Heimlichkeit der Abfrage"[*] begründet, sowie die Datennutzung bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten gerechtfertigt.
[*] §112 Abs. 1 Satz 2 TKG bestimmt dass "Der Verpflichtete [das TK-Untermehmen] hat durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Abrufe [durch die Bundesnetzagentur] nicht zur Kenntnis gelangen können."
Soweit also der hinlänglich bekannte Standpunkt der Bundesregierung.
Das BVerfG hat scih nun lediglich formal an den Unterschieden zwischen statischer und dynamischer IP abgearbeitet, im übrigen aber die Beschwerde zurückgewiesen.
Da ein Auskunftsersuchen das eine Zuordnung dynamischer IP-Adressen zu ihren Anschlussinhabern betrifft auch immer (seitens des TK-Unternehmens) einen Zugriff auf Verkehrsdaten darstellt (eigentlich nur eine technische Absonderlichkeit), erkennt das BVerfG hier eine Beeinträchtigung von Art. 10 Abs. 1 GG durch §113 Abs 1 TKG.
Es muss also lediglich "nachgebessert" werden.
Zur "echten" VDS hingegen führt das BVerfG wiederum aus, dass Art 1 Abs 1 GG nicht jede vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Daten überhaupt verbiete, sondern für solche vorsorglichen Datensammlungen lediglich besondere Begründungsanforderungen vorsieht, und lediglich die Speicherung von personenbezogenen Daten auf Vorrat zu unbestimmten und noch nicht bestimmbaren Zwecken verboten sei.
Was natürlich leicht geändert werden kann, mit ein paar Zeilen Text in der nächsten Novelle.
Auch interessant die wiederholte Aussage dass EU-Recht vor GG geht ("Allerdings überprüft das Bundesverfassungsgericht innerstaatliche Vorschriften, die zwingende Vorgaben des Unionsrechts in deutsches Recht umsetzen, grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes; hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerden sind in der Regel unzulässig").
Morgenpest schrieb:Gegen die bisherigen Bestimmungen hatten Patrick Breyer von der Piratenpartei in Schleswig-Holstein und Jonas Breyer aus Frankfurt/Main bereits 2004 Beschwerde eingelegt. Patrick Breyer nannte das Urteil "einen großen Erfolg".
"Ein grosser Erfolg"? Wohl kaum.
Gruß
Michael