Bernhard schrieb:Der Milchpreis wird sich, wenn die neuen Preise eingeführt haben, seit 1970 etwas mehr als verdoppelt haben (wenn die Quelle der Berliner Morgenpost stimmt).
von 49 ct. auf € 1,10- € 1,17. [mb: 1,019 wären 2% Steigerung pro Jahr]
Also in 37 Jahren um 100% gestiegen (was aber wohl nur die Verkaufspreise anbelangt, von den 45% Aufschlag erhalten die Erzeuger ja nur 1-2 % (Das ist doch der Fehler!)
Andere Lebensmitttel sind im gleichen zeitraum wesentlich teurer geworden. Ein Bsp. nur:
1991 kostete das Kilo Schillerlocke (Räucherfisch) DM 4,50. Heute kostet es über € 5,00 !
Da haben sich die Preise, obwohl wir aus Fisch ja noch keine Bioenergie erzeugen, immer schön an die Inflation angelehnt!
Ich weiss nicht was du hier meinst. Im Beispiel mit dem Milchpreis würde man über 37 Jahre mit einer jährlichen Inflation von 2% schon allein auf € 1,02 kommen, im Beispiel mit dem Räucherfisch aber nur auf DM 6,18 in 16 Jahren. Der Milchpreis ist also nur ganz unwesentlich schneller als die Inflationsrate gestiegen aber beim Fisch sieht das ganz anders aus.
Der Grund liegt einerseits in der Überfischung der Weltmeere und im daraus herrührenden grossflächigen Zusammenbruch der Fischbestände die sich preistreibend auswirken. Viele bekannte Speisefischarten stehen ja direkt vor der Ausrottung.
Der zweite Grund liegt darin dass insbesondere der Milchmarkt das am "besten geregelte" Instrument der EU-Landwirtschaft war und immer noch ist. Ich verweise nur auf die "Milchquote" und andere eher dem Kommunismus entlehnten Marktregelungen.
Es gibt noch einen dritten Grund der diffiziler aber in seiner Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann:
Sieht man sich einmal das Verhältnis von Energieaufwand zu Energieertrag bei verschiedenen landwirtschaftlichen Systemen und Nahrungsmitteln an, so sieht man dass die Hochseefischerei sehr energieintensiv war (und heute noch mehr ist). Aus Zahlen aus den 80er Jahren ergibt sich ein Verhältnis von ca. 10, dh. es wird zehnmal soviel Energie investiert als das fertige Produkt Energie (kcal) enthält. Bei Milch von Weiderindern (Grasnahrung) liegt der Faktor bei 0.5, d.h. ihre Milch enthält doppelt soviel Energie wie für ihre Produktion aufgewendet wurde.
In den letzten Jahren hat sich dies aber zuungunsten der Milch entwickelt indem immer mehr ganzjährige Stallhaltung (mit Getreidefütterung) betrieben wird, die wiederum einen Faktor von auch ca. 10 hat.
Durch die erwähnte "Preisregulierung" bei Milch wurde der Effekt aber bisher zum grossen Teil verdeckt.
Ähnlich unerfreulich sieht es bei fast allen "modernen" Systemen aus, sei es die Schweinemast, die Eierproduktion, oder die Erzeugung von Wintergemüse in Gewächshäusern.
Die "moderne" westliche Landwirtschaft und insbesondere die immer mehr zunehmende industrielle Weiterverarbeitung der von ihr gelieferten Rohstoffe verschlingt mehr Energie als sie abwirft. Wobei das Verhältnis des Energieeinsatzes Lebensmittelproduktion/Landwirtschaft schon in den 60er Jahren über 15 lag! (Neuere Zahlen müsste ich heraussuchen, aber ich halte es für extrem unwahrscheinlich dass dieser Faktor sich seitdem vermindert hat.)
Zitat:Und vlt noch ein Bsp, das ich nicht belegen kann. ich meine mich zu erinnern, dass die Weihnachtsbutter in den 70er Jahren (da gab es im November + Dezember immer verbilligte Butter aus den Reserven und überbeständen für die Bundesbürger bevor sie (nahezu) an die Sowjetunion verschenkt wurde) so um die DM 1,20 statt normaler DM 2,00 kostete. (darf jeder selber in Euro umrechnen )
Ein grosses Problem ist die Steuerung und Subventionierung der Landwirtschaft, wie sie in der europäischen Union seit eh und je stattfindet. Sie erzeugte über Jahrzehnte hinweg einen steuersubventionierten Lebensmittel"überfluss" der zu Dumpingpreisen auf die Weltmärkte geworfen wurde und dort das Preisgefüge zerstörte mit der Folge dass in sehr vielen Entwicklungsländern die heimische Landwirtschaft zusammenbrach mit der Folge von Hungerkatatrophen.
Dies ist ein unumkehrbarer Prozess, denn in der Folge werden die aus der heimischen Produktion gefallenen Flächen im allgemeinen für die Exportproduktion gegen harte Devisen genutzt, bzw müssen so genutzt werden (Kreditvergabeerfordernis durch die Weltbank, IWF, ., s. zB Argentinien, ein schönes Beispiel!)
Ein anderes typisches Beispiel ist das mittlerweile in Bezug auf die Produktion von "Biosprit" hochgelobte Brasilien. Dort hatte unter Leitung von Volkswagen (do Brasil) bereits in den 70er Jahren die Herstellung von "Biosprit" aus Zuckerrohr begonnen, während grosse Teile der Bevölkerung nach Dürren aus den verbliebenen Flächen nicht mehr ernährt werden konnten. Zugleich subventioniert(e) die EU ihre Zuckerrübenproduktion in einem solchen Ausmass dass man die hungernden brasilianischen Zuckerbauern auf dem Weltmarkt noch unterbieten kann bzw konnte.
Zitat:Sicherlich ist es nicht richtig aus Lebensmitteln Energie herzustellen, solange es Hunger auf der Erde gibt. Aber der Biodieselfahrer kann nun wirklich nichts für den Milchpreis.
Der Zusammenhang ist aber eindeutig und sollte leicht einsehbar sein: Wenn immer mehr "Bio"diesel produziert wird (weil immer mehr Autofahrer es wollen, oder der Staat es ihnen vorschreibt) werden immer weniger Lebensmittel produziert werden können. Das weltweit verfügbare Ackerland lässt sich nicht vermehren, sondern es schrumpft durch Raubbau und Klimawandel in Zukunft noch schneller als heute. Die Erträge pro Hektar lassen sich auch nicht nennenswert steigern, insbesondere nicht bei Anwendung des "überlegenen" westlichen Landwirtschaftsmodells (USA), das weitestgehend auf der Verfügbarkeit billiger Energie aufbaut(e).
Im übrigen ist die Kontrolle der Lebensmittelproduktion (vor allem des Getreides) natürlich auch eine "Waffe" in den Händen der weltgrössten Produzenten, in erster Linie der USA. Ich denke nicht dass sich auf diesem Gebiet viel seit den Ereignissen der 70er und 80er Jahre verändert hat. Vermutlich eher im Gegenteil, aber die Nachrichten sind halt noch nicht wieder soweit und müssen erst andere Themen abarbeiten (zB den wunderbaren deutschen Aufschwung unter der ersten deutschen Kanzlerin).
Gruß
Michael